Jones CMP Day RO, Koes BW, Latimer. S. Maher CG, McLachlan AJ,
etal, Opioid analgesia for acute low back pain and neck pain (the
Jul 22;402(10398):304-312. https://doi.org/10.1016/S0140
OPAL trial): a randomised placebo-controlled trial. Lancet.2023
6736(23)00404-X
Zusammenfassung und Kommentar: Felix Schürch, Zeitschift für Allgemeinmedizin 7.2024, S. 356
Die Verlockung ist gross, Rückenschmerzen mit Opioiden rasch zum Verschwinden zu bringen. Doch ist diese Substanzgruppe bei Nackenschmerzen und Lumbalgien wirklich so wirksam wie erhoft?
Dieser Frage gingen Forschende in Australien mit einer randomisierten Studie nach. Aufgenommen wurden 347 Patientinnen und Patienten aus Notfallstationen und Hausarztpraxen, die während 1-12 Wochen über anhaltende Rückenschmerzen im Bereich des Nackens oder der Lendenwirbelsäule geklagt hatten. Sie waren im Schnitt zwischen 40 und 50 Jahre alt und wurden nach dem Zufall in zwei Gruppen eingeteilt. Bei der Verum-Gruppe kam Oxycodon-Naloxon zum Einsatz. Das Medikament wurde in einer Dosis von 5/2.5mg zwei Mal tãglich abgegeben, im Verlauf bei Bedarf angepasst bis ZU einer Tagesdosis von 20/10 mg.
Das eingesetzte Medikament ist auch in der Schweiz erhältlich, als Original und als Generikum. In der vorliegenden Studie wurde die Oxycodon-Naloxon-Kombination gewählt, um die Nebenwirkung
der Verstopfung zu minimieren; sie hätte die Verblindung gefährden können. Die Patientinnen und Patienten wurden in den Ambulatorien und Grundversorgerpraxen gemäss Leitlinien weiter
betreut (Zusicherung einer positiven Prognose, der Rat, aktiv zubleiben und Betruhe zu vermeiden, und, falls erforderlich, andere, in den Leitlinien empfohlene Behandlungen, einschliesslich nicht
opioider Analgetika). Die Studienteilinehmenden wurden ein Jahr lang in regelmässigen Abständen anhand einer 10-Punkte-Skala zu den Schmerzen befragt. Bei beiden Gruppen verminderte sich
die Stärke der Schmerzen innerhalb weniger Wochen deutlich – ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen konnte jedoch nicht beobachtet werden. Hingegen wurden Nebenwirkungen wie etwa
Verstopfung in der Opioid-Gruppe etwas häufiger angegeben. Mit einem speziellen Fragenkatalog wurden Hinweise auf Missbrauch gesucht. Hier zeigte sich in den ersten Wochen kein unterschied-
liches Verhalten, hingegen bei der Befragung in der Woche 52: zu diesem Zeitpunkt war das Risiko für Missbrauch bei der Opioid-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe signifikant erhöht.
Die Studie kommt zum Schluss. dass Opioide für Menschen mit Rücken- und Nackenschmerzen nicht nur keinen Nutzen bringen, sondern dass sie selbst nach kurzfristigem, umsichtigem Einsatz
ein kleines. aber signifikantes Risiko des Opioid-Missrauchs bedeuten können.